Gehts dem Journalismus schlecht, …

… gehts uns allen schlecht. Der Verband Österreichischer Zeitungen hat den Kollektivvertrag für Journalist/innen gekündigt. Jetzt braucht der Watchdog Journalismus Unterstützung durch die Öffentlichkeit. Kommentar für die Wienzer Zeitung.

Kundgebung für einen Journalismus-Kollektivvertrag am 22. Oktober 2012.

Korruptionsausschuss, Novellierung des Mafiaparagraphen, Schließung der Saualm: Hätte es das alles ohne Aufdeckerjournalismus und eine kontrollierende vierte Gewalt im Staat gegeben? Ein starker, unabhängiger Journalismus ist ein wichtiges Gegengewicht im Kräftespiel einer demokratischen Gesellschaft. Und die Qualität journalistischer Arbeit steht und fällt mit den Arbeitsbedingungen in den Redaktionen.

Die demokratische Öffentlichkeit braucht den Watchdog Journalismus. Und manchmal ist es auch umgekehrt. Da braucht der Watchdog Journalismus die Unterstützung der Öffentlichkeit.

Lange Zeit galt auch für Medienhäuser die Benya-Formel, die Eigentümer/innen und Belegschaft zu gleichen Teilen am Produktivitätszuwachs beteiligt. Doch zeitgleich mit der allgemein sinkenden Lohnquote schaute so mancher Verlag nur mehr auf die Erträge. Dabei wurde manchmal übersehen, dass diese nur nachhaltig gesichert sind, wenn auch in das „Produkt“ investiert wird.

Stattdessen wird auf Teufel komm’ raus gespart. Geschwächt von umfangreichen Einsparungen der letzten Jahre sind viele Redaktionen längst am Limit ihrer Leistungsfähigkeit angelangt.

Im allgemeinen Krisentaumel werden jetzt die nächsten Einschnitte durchgesetzt: „Kurier“ und „Presse“ haben bereits Personalabbau angekündigt, andere werden folgen. Um die Kosten zu drücken, setzt der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) auf die Spaltung der Redaktionen. Weil Print und Online in den Verhandlungen auf einen gemeinsamen Kollektivvertrag drängten, kündigte der VÖZ den Journalisten-KV kurzerhand auf.

Der Printjournalismus macht einen gravierenden Strukturwandel durch. Weltweit. Dabei geht es offensichtlich nicht allen Verlagen schlecht. Manche Eigentümer holen jährlich zehn Prozent Rendite und mehr aus ihren Häusern heraus. Andere schlucken noch an riskanten Wachstumsstrategien aus einer Zeit, als schnelle Expansion als Erfolgsgarant gehandelt wurde. Unanständige Managerabfertigungen werden nicht nur im Bankensektor ausbezahlt.

Der Aufschrei der Journalisten ist bislang eher verhalten. Das ist verständlich. In Zeiten angekündigten Personalabbaus hält sich die Lust, sich öffentlich zu exponieren in engen Grenzen. Andererseits verwundert, wie lange die Journalisten stillgehalten und zugesehen haben, wie ihnen die Arbeitsgrundlagen weggespart wurden: Journalisten werfen sich Tag für Tag für Schwache und Entrechtete in die Bresche. Durch ihre Berichterstattung legen sie Interessenslagen bloß und unterstützen die Rezipienten, gesellschaftliche und politische Verhältnisse einzuordnen. Das sollten sie auch in eigener Sache stärker tun. Dabei könnte ein kleiner Anstoß durch eine wertschätzende Öffentlichkeit nützlich sein. Wir können Abos kaufen, Debatten anzetteln, uns gewerkschaftlich organisieren oder an den Protestmaßnahmen beteiligen.

Wenn wir nichts tun, droht der Watchdog Journalismus an der immer mehr gespannten Kette zu kollabieren.

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