Wohnen in Hanoi

Gut wohnen erleichtert gut Leben. Der folgende Beitrag über unsere Wohnungssuche in Hanoi ist besonders für Vietnam-Reisende und angehende Immobilien-Haie von Interesse.

Bereits vor unserer Ankunft hatten wir uns im Netz für die ersten paar Nächte ein günstiges Hotel heraus gesucht. Das Tulip-Flower ist ein nettes, kleines Haus zwischen Truc-Bach-See und Altstadt. Der „single room“ kostet in der Nebensaison 20 US-Dollar pro Nacht und kann von bis zu drei Personen bewohnt werden.

Nachtruhe ab 23 Uhr

Für Wiener Ohren ist der Straßenlärm in Hanoi etwas gewöhnungsbedürftig und das Tulip bietet keine Parallel-Atmosphäre, wie sie viele Mittelklasse-Hotels mit luft- und schalldichten Fenstern und Türen erzeugen.

Die Straßen der Hauptstadt sind ab 23 Uhr wie ausgestorben, in der Früh beginnt das Treiben allerdings schon um 6.30 Uhr und das bedeutet in erster Linie 3 Millionen hupende Motorcycles vor dem Schlafzimmerfenster. Wer darauf empfindlich ist, sollte ein paar Dollar mehr ausgeben. Mein Schlaf kennt mit Jetlag ohnehin kaum äußere Einflüsse.


Ich werde mit Sicherheit noch einen gesonderten Beitrag über den Verkehr hier schreiben, doch dieses Video schon mal als Vorgeschmack. Es zeigt die Hang Dong-Street, ein paar Ecken vom Tulip entfernt.

Wohnungssuche

Über das Expat-Portal The new hanoian sahen wir uns in den ersten Tagen nach einem Apartment in der Nähe der Xuan Dieu-Street um, wo Cornelias Arbeitsstelle liegt. Die Gegend wird Tay Ho oder übersetzt West-Lake genannt. Tay bedeutet Westen und das passt im doppelten Sinne, da wegen der hier ansässigen internationalen Organisationen viele Westler*innen – also Tays – verkehren.

Zum Zeitpunkt unserer Suche, waren 4-5 Apartments in der Datenbank, die unseren Vorstellungen entsprachen. Die meisten stellten sich jedoch als fiktive Lock-Angebote heraus – gezeigt wurden uns durchgehend kleinere, unattraktivere und teurere Wohnungen. Von zwei Maklern wurden wir zum selben Billig-Hostel geführt. Für uns und den Vermieter eine lustige Situation.

Letztlich entschieden wir uns für ein 35 qm-Apartment um 400 Dollar pro Monat am Spitz der Halbinsel, die in den Westlake reicht. Das Haus ist frisch renoviert, gerade werden die Zimmer eingerichtet, wir haben die erste von mehreren Einheiten bezogen. Im Preis sind Internet, Wasser und Strom enthalten.

Ausschlaggebend für unsere Wahl waren die Nähe zu Cornelias Arbeit, die relative Ruhe und das passable Preis-Leistungsverhältnis. Es gehört schon etwas Glück dazu, in drei Tagen ein solches Apartment für nur zwei Monate Mietdauer zu kriegen. Letztlich hat auch die Chemie mit den Vermieter*innen gestimmt.

Übersichtskarte Hanoi (Tay Ho, Altstadt, ..)  - OSM.org
Übersichtskarte Hanoi (Tay Ho, Altstadt, ..) - OSM.org

Wenn sich jemand länger als zwei Monate in Hanoi aufzuhalten plant, würde ich raten, mehr als ein paar Tage zu suchen. Vor allem, wer Zeit hat, Privatpersonen kennen zu lernen, kriegt Zugang zu weitaus besseren Angeboten.

Unsere Landlords sind ein Ehepaar mit zwei Söhnen, die in Produktionsstätten in mehreren Landesteilen Süßigkeiten herstellen. In ihrem Betrieb haben sie angeblich 50 Angestellte beschäftigt. Offensichtlich haben sie das Ersparte in diese Immobilie gesteckt.

Der Wohnungsmarkt

Der Grundstücks-Preis beträgt in dieser Gegend bis zu 15.000 US-Dollar pro Quadratmeter (In Wien Döbling belaufen sich die Spitzenpreise auf 1.200 Euro). Liegt der Boden nicht direkt am See, so ist man am Westlake schon mit 5.000 US-Dollar dabei. Unsere Vermieter*innen haben für den Bau des 4-geschossigen Hauses nach eigenen Angaben 150.000 US-Dollar ausgegeben.

Ein Zeitungsbericht der Vietnam News berichtet von einem Makler, der mit einem Wohnhaus im Wert von umgerechnet 150.000 US-Dollar dem Trend zur Miete folgt und in drei Jahren seine Investition hereingespielt haben will. Gemietet wurde hier bislang vor allem von Studis vom Land und Ausländer*innen. Das ändert sich jetzt wegen der steigenden Preise: Für 55 Einheiten verlangt er jeweils bis zu umgerechnet 85 Dollar im Monat und hätte, wenn das so aufgeht, tatsächlich extreme Gewinnaussichten.

Der Wohnungsmarkt ist neben den steigenenden Ölpreisen laut Nationalem Statistik-Büro Inflationstreiber Nummer Eins. Angeblich ist das rasche Wachstum der vietnamesischen Wirtschaft der Hauptgrund für die prognostizierte Inflation von 12 Prozent für das Jahr 2011. Vietnams hatte in den vergangenen Jahren kontinuierlich hohe Wachstumsraten zwischen fünf und neun Prozent.

Warum hohe Wachstumsraten hohe Inflation bedeuten (sofern das Wachstum nicht durch die Geldpresse finanziert wird) kann mir vielleicht wer in den Kommentaren erklären. Jedenfalls hat das Politbüro für den kommenden Fünf-Jahresplan einen Strategiewechsel mit Schwerpunkt Inflations-Kontrolle angekündigt. Der Plan für 2011 bis 2015 wird gerade in der laufenden Sitzungsperiode der Nationalversammlung behandelt.

Dollar beheben

Business-Menschen in Hanoi wickeln ihre Geschäfte aufgrund der Inflation übrigens nach Möglichkeit in US-Dollar ab. Auch Apartments werden für gewöhnlich in Dollar bezahlt. Kürzlich hat die Regierung aber den Schwarzmarkt geschlossen. Auch in gewöhnlichen Filialen war es mir nicht möglich, eine „größere Summe“ von 400 Dollar mit meiner Kreditkarte zu beheben. Offensichtlich ist der offizielle Kurs nicht „marktfähig“.

ATMs gibts an jeder Straßenecke, aber die maximale Summe, die man dort mit Visa-Karte beheben kann, sind 6 Millionen vietnamesische Dong pro Tag. Das sind 250 Euro. Der Versuch mit mehreren Karten die erforderliche Summe in Dong zu beheben und dann in einer Filiale zu wechseln scheiterte daran, dass nur wenige ATMs Maestro-Karten akzeptieren: Leider wechselt die betreffende Filiale der Vietcom-Bank nur Dong ein, die – nachgewiesen durch einen Beleg – bei einem ihrer Automaten bezogen wurden. Diese akzeptieren aber wiederum keine Maestro-Karte.

Relativ problemlos, aber doch mit Reisepass und etwas bürokratischem Aufwand funktionierte die Prozedur dann in der Zentrale der Vietcom-Bank (198, Tran Quang Khai Street). Dort konnte ich die gewünschte Summe ohne weiteres per Visa-Karte beheben. Angeblich soll man die Belege bei der Ausreise bereithalten.

Auch bei jeder größeren Hotelrezeption könnte eins 400 Dollar wechseln. Ganz ohne Klimb-Bim und Aufwand. Allerdings kostet der Service nochmal extra und irgendwie will ich ja auch die hiesigen Gepflogenheiten kennen lernen.

2 Millionen Dong kosteten mich Mitte März 2011 als Visa-Behebung 78,30 Euro, als Maestro-Behebung von meinem BAWAG-Konto zahlte ich 74,09 Euro. (Visa: 20.000 Dong ATM-Gebühr plus 2 Millionen Dong ergeben laut Visa-Abrechnung beim Kurs von 27456,507812 den Eurobetrag von genau 73,57. Dazu kommen 1,1 Euro Bearbeitungsgebühr und 3,63 Euro Barbehebungsentgelt. BAWAG: Der Kurs beträgt hier 62,70000 und neben den 20.000 Dong für die Behebung kommen lediglich Spesen in der Höhe von 02,36 Euro hinzu.)

Die billigste Möglichkeit ist angeblich die unkomplizierte Einrichung eines Dollar-Kontos in Vietnam. Auf das wird dann vom europäischen Konto Geld überwiesen, welches dann in Dong vom ATM bezogen werden kann.

PS: Auch die Reichengegend Tay Ho ist nicht frei von Lärmquellen. Ich gewöhne mich gerade daran, um sechs Uhr morgens einen Hahn zu überschlafen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert