Weniger Polizei

Die Polizeigewerkschaften setzen bei der Bekämpfung der Pandemie auf zivile Behörden. Damit eröffnen sie eine Diskussion, die in den USA unter dem Schlagwort „Defund the Police“ für Aufregung sorgt. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte.

Peoples Power Assembly National Protest to STOP POLICE TERROR, RACISM & REPRESSION March along Greenmount Avenue at East Lafayette Street in Baltimore, Maryland on Saturday afternoon, 6 June 2020 by Elvert Barnes Photography
Versammlung gegen Polizeigewalt in Baltimore am 6. Juni 2020. Elvert Barnes from Baltimore, Maryland, USA, CC BY-SA 2.0 , via Wikimedia Commons

Die Polizeigewerkschaften lassen mit Unmut über die Kontrolle der Impfpflicht aufhorchen. Ab Mitte März sollen Polizist:innen laut Regierungsplan den Impfstatus überprüfen. Das sei aber Aufgabe der Gesundheitsbehörden, meinen die Personalverter:innen. Der Job schade dem Vertrauen der Bevölkerung in die Exekutive. Ein roter Gewerkschafter hält die Kontrollen überhaupt für „sinnlos“: „Was passiert, wenn die Betroffenen [die Strafe, Anm.] nie einzahlen?“ Ein freiheitlicher Gewerkschafter hält die Kontrollen gar für eine „zweckwidrige und politische Verwendung“ der Polizei.

Die Sorge über einen Vertrauensverlust ist berechtigt aber unbegründet. Man würde sich wünschen, die Polizei wäre auf ihr Image bei Bettler:innen und People of Color ebenso bedacht wie bei Impfgegner:innen. Es unterscheidet Demokratien von autoritären Systemen, dass die Polizei gut in der Bevölkerung verankert ist. Das Anliegen ist also legitim. Doch die Sorge ist unbegründet. Seit einigen Jahren führt die Polizei Vertrauens-Rankings an. In keine andere Institution haben die Österreicher:innen mehr Vertrauen. Die Vorbehalte riechen nach Rosinen picken.

Polizei ist Hilfsorgan für andere Behörden

Richtig ist, die Polizei wird bei den Kontrollen lediglich als Hilfsorgan der Gesundheitsbehörden tätig. Das ist gesetzlich vorgesehen und hat rechtliche und praktische Gründe. Viele Behörden sehen die Polizei in Anspruch, wenn Bestimmungen notfalls mit Zwang durchgesetzt werden sollen. Die Polizei verfügt ja über das Gewaltmonopol. Von der Vorführung einer Zeugin im Auftrag des Gerichts bis zur Kindesabnahme für das Jugendamt – die Polizei wird auch deshalb gerne mit Aufgaben betraut, weil sie mit ihren 30.000 Bediensteten landesweit und rund um die Uhr einsetzbar ist. Notfalls von heute auf morgen.

Defund the Police?

Sollen die Gesundheitsbehörden die Kontrollen selbst durchführen, müsste auch die entsprechende Infrastruktur aufgebaut werden. Das kostet. Damit eröffnen die Polizeigewerkschafter eine Diskussion, die in den USA unter dem Titel „Defund the Police“ für Aufregung sorgt: Für welche Aufgaben braucht es eine Waffe und für welche Aufgaben sind zivile Institutionen besser geeignet? Diese Diskussion sollte tatsächlich geführt werden.

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