Wahl NGO-Mitglieder zum MRB

Um die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft zu wahren beauftragt die Volksanwaltschaft Vertreter:innen von NGOs mit der Nominierung von Mitgliedern des Menschenrechtsbeirates.

Das Palais Rottal in der Wiener Singerstrasse, Sitz der Volksanwaltschaft.
Das Palais Rottal in der Wiener Singerstrasse, Sitz der Volksanwaltschaft. Von Werckmeister - Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5

Am 1. Juli beginnt die neue Funktionsperiode des Menschenrechtsbeirates (MRB). Er berät die Volksanwaltschaft beim Schutz der Menschenrechte. In einer feierlichen Zeremonie überreichte die Volksanwaltschaft gestern den neuen Mitgliedern die Bestellungsdekrete. Die Hälfte der Mitglieder wird von Organisationen der Zivilgesellschaft vorgeschlagen. Wer konkret nominiert wird, darüber entscheiden 16 NGOs gemeinsam in einem offenen, transparenten, inklusiven und ergebnisorientierten Auswahlverfahren. Die Volksanwaltschaft hat mich wie bereits im Jahr 2018 beauftragt, diesen Auswahlprozess zu organisieren. Ich bin selbst Mitglied des Menschenrechtsbeirates und koordiniere dort die NGO-Mitglieder. Da der Auftrag ohne weitere Einschränkung erfolgte, will ich hier das Vorgehen transparent machen.

Die Wahl der designierten NGO-Mitglieder 2024

In den Räumlichkeiten des VertretungsNetz in Wien führten am 3. Juni Delegierte von 16 Organisationen die Wahl durch. Vertreten waren Organisationen aus den Bereichen Behinderung, Gesundheit, Gewaltschutz, Integration, Kinderrechte, Pflege, Antidiskriminierung und Menschenrechte. In einem gemeinsamen Auswahlverfahren wurden acht Mitglieder und acht Ersatzmitglieder für den Beirat gewählt. Besonderer Wert wurde auf die Qualifikation der Kandidat:innen sowie auf eine pluralistische Zusammensetzung gelegt. Die neuen Mitglieder und die beteiligten Organisationen sind bereits auf der Website der Volksanwaltschaft veröffentlicht.

Der Menschenrechtsbeirat und das OPCAT-Mandat

Im Jahr 2012 hat der Gesetzgeber die Volksanwaltschaft mit der Aufgabe des präventiven Menschenrechtsschutzes betraut. Als Unterzeichnerstaat des OPCAT-Protokolls ist Österreich verpflichtet, Einrichtungen, in denen Menschen gegen ihren Willen angehalten werden, regelmäßig zu kontrollieren. Als beratendes Gremium wurde der Menschenrechtsbeirat eingerichtet. Er unterstützt die Volksanwaltschaft beim Schutz und bei der Förderung der Menschenrechte, insbesondere bei der Festlegung genereller Prüfschwerpunkte sowie vor der Erstattung von Missstandsfeststellungen und Empfehlungen. 

Die Mitglieder und Ersatzmitglieder werden von sieben Bundesministerien, den Bundesländern und acht Organisationen der Zivilgesellschaft nominiert. Die Volksanwaltschaft ist bei der Bestellung an diese Vorschläge gebunden.

Offene, ergebnisorientierte, transparente und inklusive Bestellung der NGO-Mitglieder

Die Volksanwaltschaft hat gesetzlich acht Organisationen zu benennen, die jeweils ein Mitglied und ein Ersatzmitglied vorschlagen. In einer abgestimmten Vorgehensweise orientieren sich Volksanwaltschaft und Zivilgesellschaft dabei an den einschlägigen internationalen Standards.1Der Menschenrechtsbeirat ist genau genommen nicht Teil des „Nationalen Präventionsmechanismus (NPM)“, wie die Stellen im OPCAT-Protokoll genannt werden. Der Beirat ist aber Teil des „NPM-Systems“ und stärkt die Unabhängigkeit der Volksanwaltschaft angesichts ihrer Bestellung durch den Nationalrat. Siehe Berka, W. (2018) Zum Mandat und zur Stellung des Menschenrechtsbeirates im Rahmen des Menschenrechtsschutzes durch die Volksanwaltschaft. in: Newsletter Menschenrechte 2018/1. Die Gute Praxis bei der Einbindung der Zivilgesellschaft schlägt sich nicht zuletzt in der internationalen Anerkennung für die Volksanwaltschaft nieder. Siehe https://volksanwaltschaft.gv.at/artikel/Volksanwaltschaft-erhaelt-volle-Anerkennung-als-Menschenrechtsinstitution Diese sehen die Durchführung offener, transparenter und inklusiver Bestellungsverfahren vor, um Mitglieder mit pluralistischen Hintergründen auszuwählen, die über die erforderliche Expertise und Erfahrung verfügen.2Vergleiche „Guidelines on national preventive mechanisms“ des Subcommittee on Prevention of Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment, CAT/OP/12/5, Z16, Z17, Z20. 

Um die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft zu wahren3Die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft soll durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie deren Anwendung erleichtert, gefördert und geschützt werden. A/HRC/RES/24/21, S. 2 wurde diese von Anfang an eingeladen, selbst zu bestimmen, welche acht Organisationen der Volksanwaltschaft Mitglieder und Ersatzmitglieder vorschlagen. Zu Beginn der ersten Periode 2012 wählte ein NGO-Forum aus mehreren Dutzend Organisationen diese acht aus ihren Reihen. Acht weitere Organisationen wurden kooptiert, um die Aktivitäten des Beirates und das Bestellungsverfahren auf eine breitere Basis zu stellen.4Die nominierenden und kooptierenden Organisationen finden sich auf der Website der Volksanwaltschaft. https://volksanwaltschaft.gv.at/praeventive-menschenrechtskontrolle/der-menschenrechtsbeirat#anchor-index-2301 

Ab der Bestellung zur zweiten Periode im Jahr 2018 einigten sich die beteiligten NGOs auf eine gemeinsame Auswahl der 16 Vorschläge. Dies sollte eine höchstmögliche Übereinstimmung der Kandidat:innen-Auswahl mit den erforderlichen Kompetenzen und Erfahrungen gewährleisten. Das Verfahren wurde in einer Wahlordnung festgelegt: 

  • Um dem Kriterium der Offenheit zu genügen, wird eine effektive Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Kandidat:innen angestrebt. Ziel ist es, dass auch „Außenstehende“ eine Chance haben und nicht von vornherein klar ist, wer gewählt wird. Die beteiligten Organisationen schlagen jeweils zwei Mitglieder zur Wahl vor, um aus 32 Expert:innen 16 designierte Mitglieder auswählen und der Volksanwaltschaft vorschlagen zu können.
  • Das Procedere soll eine hohes Maß an Ergebnisorientierung aufweisen: Die Auswahl orientiert sich an den erforderlichen fachlichen, persönlichen und menschenrechtlichen Kompetenzen und Erfahrungen. Diese sind in einem Kompetenz-Portfolio festgehalten. Sachfremde Erwägungen sollen hintangehalten werden. Die Kandidat:innen bewerben sich schriftlich. Auf dieser Grundlage stellen die Wahlberechtigten gemeinsam einen „Idealbeirat“ zusammen, der die gewünschten Kompetenzen und Hintergründe möglichst konzentriert vereint. 
  • Der „Idealbeirat“ soll im Sinne der Inklusion eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter, ethnischer Gruppen und Menschen mit Behinderung widerspiegeln und insgesamt pluralistisch zusammengesetzt sein. Das Auswahlverfahren ist barrierefrei, niederschwellig und zugänglich zu gestalten. 
  • Die Verfahrensqualität der Transparenz kommt in in der offenen Wahl zum Ausdruck. Darüber hinaus wird mit dem hier vorliegenden Bericht auch gegenüber einer interessierten Öffentlichkeit Rechenschaft über den Wahlvorgang abgelegt.

Learnings aus der Wahl 2024

Das Ergebnis des Wahlverfahrens wurde von den Delegierten mit großer Zufriedenheit aufgenommen. Es wurde festgestellt, dass die designierten Mitglieder die hohen fachlichen, persönlichen und menschenrechtlichen Anforderungen erfüllen und die pluralistische Zusammensetzung des Vorschlags gegeben ist. Auch zur Durchführung der Wahl gab es viel positives Feedback. Insbesondere die hohe Qualität des Verfahrens, die gute Vorbereitung und die Niederschwelligkeit wurden gelobt. Dabei wurde die Bedeutung der Einhaltung von Verfahrensstandards unterstrichen. Kritisch kann angemerkt werden, dass mit lediglich 20 Bewerber:innen die angestrebte Anzahl an Kandidat:innen deutlich unterschritten wurde und die Auswahlmöglichkeit damit eingeschränkt war. Die Organisationen haben die Einrichtung einer Arbeitsgruppe für Vorschläge zur Erweiterung des NGO-Kreises beschlossen.

Anmerkungen
  • 1
    Der Menschenrechtsbeirat ist genau genommen nicht Teil des „Nationalen Präventionsmechanismus (NPM)“, wie die Stellen im OPCAT-Protokoll genannt werden. Der Beirat ist aber Teil des „NPM-Systems“ und stärkt die Unabhängigkeit der Volksanwaltschaft angesichts ihrer Bestellung durch den Nationalrat. Siehe Berka, W. (2018) Zum Mandat und zur Stellung des Menschenrechtsbeirates im Rahmen des Menschenrechtsschutzes durch die Volksanwaltschaft. in: Newsletter Menschenrechte 2018/1. Die Gute Praxis bei der Einbindung der Zivilgesellschaft schlägt sich nicht zuletzt in der internationalen Anerkennung für die Volksanwaltschaft nieder. Siehe https://volksanwaltschaft.gv.at/artikel/Volksanwaltschaft-erhaelt-volle-Anerkennung-als-Menschenrechtsinstitution
  • 2
    Vergleiche „Guidelines on national preventive mechanisms“ des Subcommittee on Prevention of Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment, CAT/OP/12/5, Z16, Z17, Z20.
  • 3
    Die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft soll durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie deren Anwendung erleichtert, gefördert und geschützt werden. A/HRC/RES/24/21, S. 2
  • 4
    Die nominierenden und kooptierenden Organisationen finden sich auf der Website der Volksanwaltschaft. https://volksanwaltschaft.gv.at/praeventive-menschenrechtskontrolle/der-menschenrechtsbeirat#anchor-index-2301 

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