Ulanen – Die tapferen Krieger der Wiener Polizei

Polizeigewalt in Österreich. Am 1. Mai machte die Wiener Demopolizei „Ulan“ ihrem Namen alle Ehre. Sie mischte eine Raddemo auf, nachdem diese taktische Schwächen des Einsatzes bloß gelegt hatte. „Ulanen“ waren Lanzenreiter der Kavallerie und spielten eine wichtige Rolle beim Entsatz von Wien.

Preußische Ulanen im Gefecht mit französischer Infanterie
Im Bild: Ulanen waren mit Lanzen bewaffnete Reiter der Kavallerie. Nach diesem Vorbild sind die Wiener Einsatzeinheiten benannt. Bild gemeinfrei: Emil Hünten - Gefecht zwischen Reitern eines Preussischen Ulanenregiments und französischen Infanteriesoldaten

Die Lanzenreiter der dritten Kompanie preschten auf der Prater Hauptallee hinunter in Richtung Lusthaus. Kurz vor der Zirkuswiese konnten sie den feindlichen Tross erspähen. Die Entdeckten drosselten das Tempo um sich zu stellen. Einzelne versuchten, in den seitlichen Auwald zu entfliehen. Doch mit Karacho mischten die „Ulanen“ den Pulk von hinten auf. Die Verfolger stiessen den Feind aus dem Sattel und setzten ihn fest, noch ehe sich dieser selbst ergeben konnte.

Das sind keine Szenen der Osmanenbelagerung 1683, als Ulanen – mit Lanzen bewaffnete Reiter des polnischen Entsatzheeres – die Belagerer in die Flucht trieben. Ulan bedeutet „tapferer Krieger“ und Ulan ist auch der offizielle Rufname der Einsatzeinheit der Wiener Polizei. Einsatzeinheiten sind so etwas wie die Demo- und Fussballpolizei. Sie tragen am Rücken ein großes U. Ihre Angehörigen versehen gewöhnlich Dienst auf Polizeiinspektionen. Sie üben mehrmals jährlich und werden zusammen gezogen, wenn das eine oder andere Gerangel erwartet wird, aber die kostspielig trainierte WEGA unterfordert wäre.

Übergriff bei Raddemo am 1. Mai

So auch am 1. Mai, als es zu den geschilderten Szenen kam. Ulanen der Wiener Polizei verfolgten die Raddemo auf der Hauptallee. Aus dem noch rollenden Bus platzierte ein Polizist laut Augenzeuginnen einen Stoss gegen den Oberschenkel eines Radlers. Der kam zu Sturz. Eine Lautsprecherdurchsage mit der Aufforderung anzuhalten, erfolgte laut Augenzeug*innen nicht. Auf einem viral gegangenen Video ist dokumentiert, wie ein Ulane den Gestürzten übel beschimpft und mit dem Fuss tritt.

Die Raddemo war ein schwieriger Einsatz. Keine*r der Teilnehmer*innen war Willens und in der Lage, die Route mit der Exekutive zu koordinieren. Das ist noch kein Auflösungsgrund, ebensowenig kleinere Verstöße gegen die StVO. Die Polizei war also zunächst gesetzlich verpflichtet, die Raddemo abzuwickeln und gleichzeitig den Seitenverkehr abzuriegeln.

An sich hat die Wiener Polizei ausreichend Erfahrung für die Sicherung spontaner Märsche. Videos vom 1. Mai zeigen aber eine Überforderung mit der Geschwindigkeit der Radler*innen. Unangenehm für die Polizei. Mehrfach kam es zu gefährlichen Situationen, als die Motorradpolizei versuchte, Radfahrer*innen knapp zu überholen, umzuleiten oder anzuhalten. Ein Motorrad fiel um, die Situation heizte sich auf.

Gesprächsbasis statt Oberhand

Aus einer Logik der Durchsetzungsfähigkeit hat die Polizei am 1. Mai die Oberhand behalten. Die tapferen Krieger haben sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Doch die Kultur der Tapferkeit führt in die Sackgasse. Niemand kann wollen, dass sich eine Dirty-Harry-Haltung in den Einsatzeinheiten verfestigt. Polizist*innen dürfen nicht in ein Feind-Freund-Denken verfallen. Und schon gar nicht selbst für „Gerechtigkeit“ sorgen, wenn sie Verhältnismässigkeit als Machtlosigkeit erleben.

Vielleicht sollte die Polizeiführung weniger aufrüsten und sich stattdessen um das Vertrauen von sozialen Bewegungen bemühen. Im Regierungsprogramm wäre das eigentlich vorgesehen, etwa in Form von szenekundigen Beamt*innen für soziale Bewegungen. Das würde die Gesprächsbasis zu Protestgruppen verbessern.

Eine Umbenennung der Einsatzeinheiten stünde dem Anliegen bestimmt auch nicht im Wege. Was man vom Ausritt am 1. Mai weniger behaupten kann.

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