Propagandist verurteilt

Derzeit sorgt sich die Welt um den Verbleib des chinesischen Künstlers und Regimekritikers Ai Weiwei. Weniger Aufmerksamkeit erhalten Dissident’innen in Vietnam, selbst wenn Sie sich für Christen einsetzen. Gestern wurde Cu Huy Ha Vu wegen Propaganda gegen die sozialistische Republik zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Cu Hau Ha Vu nach seiner Verurteilung in Hanoi. Bild: RFI

Ai Weiwei ist ein renommierter Künstler, der in China und weltweit Solidarität genießt. Sein Vater war ein bedeutender Dichter, was in China bislang wie ein Schutzschild wirkte. Auf Ais chinesischsprachigem Twitter-Accout folgen ihm 70.000 User’innen.

Ai hat auch Verbindungen zu Österreich. 2010 errichtete er am Dachstein einen vier Tonnen schweren Felsen (Bericht Kleine Zeitung mit Video), was ihm Kritik des Alpenvereins einbrachte. Innenminister Spindelegger stattete Ai bei seinem China-Besuch im Februar einen vom Kurier exklusiv gecoverten Besuch ab. Für Sommer ist im Kunsthaus Bregenz eine Ausstellung geplant.

In seinen Arbeite kritisiert Ai Menschenrechtsverletzungen und Umweltskandale in China. Nun wurde er am 3. April am Flughafen Bejing verhaftet. Außenminister Michael Spindelegger und die EU haben China deswegen bereits kritisiert, doch die chinesischen Behörden verweigern jede Aussage zu Ais verbleib.

Weniger Solidarität für Vietnams Vu

Weniger internationale Solidarität löste bislang die Verurteilung des vietnamesischen Aktivisten Cu Huy Ha Vu aus. Ich denke, das liegt vor allem an der geringeren Bedeutung Vietnams für Europa. Vu wurde gestern in Hanoi wegen Propaganda gegen die sozialistische Volksrepublik Vietnam zu 7 Jahren Haft und anschließend 3 Jahren Hausarrest verdonnert.

Der Volks-Ankläger (peoples procuracy) hatte Vu vorgeworfen von 2009 bis 2010 wiederholt im Internet die Regierung diffamiert und ein Mehrparteiensystem gefordert zu haben. Nach §88 des vietnamesischen Strafrecht  kann solche „Propaganda“ mit bis zu zwölf Jahren Haft bestraft werden. Edit: Den regimetreuen Titel dieses Beitrags habe ich der offiziellen Berichterstattung – etwa in der Vietnamnews – entlehnt.

Ministerpräsident geklagt und Christen verteidigt

Vor seiner Verurteilung hatte Vu mehrfach erfolglos versucht, den Ministerpräsidenten Ngyuen Tan Dung wegen eines Bauprojektes im zentralen Hochland zu verklagen. Der Regierungschef hatte dort ein umstrittenes Projekt zum Bauxit-Abbau durch einen chinesischen Staatskonzern genehmigt.

Bereits zuvor hatte Vu, der an der Pariser Sorbonne als Jurist promovierte, aber in Vietnam nicht als Anwalt zugelassen ist, ein Hotelprojekt verhindert, indem er ein 2005 das Volkskomitee einer Provinz vor Gericht brachte.

Letztes Jahr verteidigte Vu Angehörige einer römisch-katholischen Gemeinde, die nach einem Begräbnis auf Regierungsgrund verhaftet worden waren.

Das müsste den Wettbewerbsnachteil Ais in Bezug auf europäische Solidarität eigentlich wett machen. Kriegen doch selbst die hartgesottensten Konservativen wie Maria Fekter ein weiches Herz, wenn es um Christenverfolgung geht.

Rückhalt im Regime

Vu ist wie sein chinesischer Leidesgenosse Ai durch seine Herkunftsfamilie im Establishment verankert. Auch Vus Vater war ein prominenter Dichter, seine Mutter Krankenschwester von Staatsgründer Ho Chi Minh und Schwester des angesehenen Lyrikers Xuan Dieu.

Obwohl er keiner politischen Gruppe angehört, hat Vu gute Kontakte zu Dissident’innen und dem Reformflügel innerhalb der vietnamesischen KP. Seine Verhaftung löste dann auch ein unerwartet breites Echo von Bloggern, Zeitungen und KP-Funktionär’innen aus.

Ursprünglich werteten Beobachter’innen Vus Inhaftierung als Teil der „Vorsichtsmaßnahmen“ im Vorfeld des 11. KP-Kongress, der Anfang des Jahres stattfand und traditionell zur Verhaftung von Anwält’innen und Blogger’innen führt. Doch schon die Anklageschrift machte deutlich, dass das Regime Vus Aktivitäten nicht mehr hinnimmt.

Die Verhandlung gestern in Hanoi war weiträumig abgesperrt, nachdem die Familie Vus zur Beobachtung des Prozesses aufgerufen hatte. Drei Personen wurden verhaftet. Nur wenigen Journalist’innen und ausländischen Diplomat’innen war es gestattet, den Prozess auf einem Bildschirm zu verfolgen.

Einer der vier Verteidiger wurde vom Prozesses, der einen halben Tag dauerte, ausgeschlossen. Die anderen drei verließen die Verhandlung selbst, weil ihre „unbegründeten Anträge“ vom Gericht zurückgewiesen wurden.

Offenbar setzt Vu darauf, durch sein Ansehen einen Keil in die öffentliche Meinung zu treiben. Dies scheint ihm auch zu gelingen, wie die Urteilsbegründung nahelegt. Dort rechtfertigt das Gericht das „milde Urteil mit den außerordentlichen Leistungen, die seine Familie für die Nation erbrachte.“

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