Neue Ermittlungsstelle

POLIZEIKOLUMNE. Die Wirksamkeit der neuen Beschwerde- und Ermittlungsstelle Misshandlungsvorwürfe (EBM) wird auch von Zivilgesellschaft und Staatsanwaltschaften abhängen.

Die Mitglieder des EBM-Beirats werden von öffentlich-rechtlichen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen vorgeschlagen. Hier bei der Dekret-Verleihung mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) Bild: BMI
Die Mitglieder des EBM-Beirates werden von zivilgesellschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Einrichtungen vorgeschlagen. Hier bei der Verleihung der Ernennungsdekrete durch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am 19. Jänner 2024. Bild: BMI

Es hat gedauert und noch ist das Gesetz nicht verabschiedet. Die Regierung hat ihre Pläne für die Einrichtung einer „unabhängigen Beschwerde- und Ermittlungsstelle“ bei vermuteter Polizeigewalt präsentiert. Wenn alles planmäßig verläuft, kann die Stelle noch vor dem Sommer beschlossen und bis Ende des Jahres eingerichtet werden.

Die Reaktionen sind erwartbar kritisch ausgefallen. Bereits während der Verhandlungen ist klar geworden, dass die neue Einheit im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung angesiedelt werden soll. Sie ist damit außerhalb der Sicherheitsdirektion, aber doch dem Innenminister weisungsunterstellt. Er ist das oberste Organ, politisch verantwortlich. Damit ermittelt auch künftig der Minister gegen sich selbst. Eine solche Konstruktion garantiert weder unabhängige noch wirksame Ermittlungen und entspricht auch nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen. Dennoch könnte künftig gründlicher und konsequenter gegen Misshandlungen vorgegangen werden. Dafür werden insbesondere zwei Stellschrauben maßgeblich sein.

Erstens: Wird das Justizministerium mitziehen und das Momentum für Verbesserungen auf Seiten der Staatsanwaltschaft nutzen? Schließlich war die Ankläger:innen-Seite schon bislang „Herrin des Verfahrens“ und kann laschen Ermittler:innen Beine machen.

Zweitens: Mit dem geplanten Expert:innen-Beirat wird eine Art zivile Aufsicht eingerichtet – wenn auch nur zu einem Teil von NGOs beschickt. Der Beirat mischt sich nicht in laufende Ermittlungen ein. Er soll aber Zugang zu allen erforderlichen Informationen erhalten, um öffentlich Empfehlungen zur strukturellen Verbesserung der Ermittlungsarbeit abzugeben.

Bei aller Skepsis gegenüber der Wandelbarkeit des Polizeiapparates, vielleicht kann der Beirat wirksame Empfehlungen entwickeln, die auch bei der Polizei auf Gegenliebe stossen. Das entbindet die Zivilgesellschaft natürlich nicht von der Pflicht, auch notwendige Kritik zu üben und unbeliebte Maßnahmen einzufordern. Aber der Beirat öffnet einen zusätzlichen Weg, die Qualität der Ermittlungen zu beeinflussen. Wie erfolgreich, wird man sehen.

Erschienen als Polizeikolumne am 3. Juni 2023 in Mo-Magazin für Menschenrechte von SOS Mitmensch.

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