Verteilung von Armen statt von Wohlstand

Peter Pilz will Innenminister werden. Geförderte Gemeindewohnungen will er deshalb nicht an sozial schwache Ausländer vergeben sondern an vermögendere Inländer. Das zwingt zwar schlecht verdienende Zuwanderer_innen in teure Substandardwohnungen und macht sie noch ärmer. Aber sie fallen dann weniger auf. Über eine Anbiederung.

Peter Pilz will in die Regierung. Das größte Hindernis dorthin sieht er laut Blogeintrag in der bisherigen grünen Ausländerpolitik. Unter dem wörtlichen Motto „Assimilation statt Segregation“ formuliert Pilz eine Position, mit der er die Grünen mehrheitsfähig machen will. Konkrete Forderung: Keine Öffnung der Gemeindebauten für Ausländer. Stattdessen – anpassen und „deutsch lernen“.

Wenn der Gemeindebau „ohne jede Beschränkung geöffnet wird, werden dort bald die ärmsten und kinderreichsten Familien unter sich sein“, argumentiert der Nationalratsabgeordnete, der selbst im Göthehof lebt. Gegen „Ghettos“ und „Klein-Istanbul“ heißt es da bei Pilz, „Quotenregelung“ nannte das selbe Konzept „Umvolker“ John Gudenus jr. von der FPÖ.

Die Verteilung der Armen statt der Verteilung des Wohlstands

Im Klartext bedeutet Pilz‘ Vorstoß: Nicht zu viele Ausländer auf einem Haufen, damit man Armut und Kinderreichtum nicht richtig sieht. Lieber arm lassen und in schlechten Substandardwohnungen über die Stadt verstreuen, dann fallen sie weniger auf. Will man Migrant_innen ohnehin bloß in die Unsichtbarkeit assimilieren, dann ist es nur konsequent nicht auch noch ihren sozialen Aufstieg zu fördern. Wozu eine steuerfinanzierte Gemeindewohnung an einkommensschwache Ausländer vergeben, wenn ein Inländer die durchschnittliche Geburtenrate viel besser senkt? Die Verteilung der Armen, statt der Verteilung des Wohlstands.

Wie soll Gesellschaft funktionieren?

Es gibt zwei große, konkurierende Erzählungen über unsere Gesellschaft. Thilo Sarrazin steht derzeit für das eine Bild: Manche sind oben, manche sind unten und das soll so bleiben. Der Einfachheit halber sind die unten bei Sarrazin die Muslime. Statistisch gesehen mit geringer Intelligenz und hoher Fruchtbarkeit ausgestattet. Damit die Dummen jetzt rein logisch gedacht nicht die Überhand gewinnen und sagen wo’s langeht, braucht es einen Einwanderungstop.

Das zweite Gesellschaftsbild verlor zuletzt stark an Terrain: Manche sind oben, manche sind unten und das soll nicht so bleiben. Insbesondere sollen sich Verwirklichungschancen nicht über Generationen verfestigen. Denn Zugang zu Bildung und Vermögen bestimmen über den Zugang zu politischen Entscheidungen. Die von unten sollen also allein aus demokratischen Gründen aufsteigen können. Politik will hier die Voraussetzung dafür schaffen, dass jede_r sich im Laufe seines Lebens entsprechend seinen Neigungen zu den Gebildetsten, zu den Vermögensten oder zu den Einflussreichsten entwickeln kann. Unahbhängig von der (sozialen) Herkunft.

Innenminister Pilz

Solange dadurch sozialer Aufstieg nicht behindert wird, sollte es für Pilz keine Rolle spielen, wenn sich Chinesen oder Bobos ihren Neigungen folgend in einem Grätzel konzentrieren. Auch das Argument vom Sprachgettho zieht nicht, außer man hat vor der Schulmisere bereits kapituliert. Aber Peter Pilz will endlich einmal Innenminister werden. In einem Land mit derart weit verbreiteter Fremdenfeindlichkeit ist das wohl nur mit der ersten Erzählung zu haben

10 Gedanken zu „Verteilung von Armen statt von Wohlstand“

  1. Ich schaffe es auch nach wiederholtem Mal nicht, eine Verbindung von diesem Text mit dem Interview von Peter Pilz herzustellen. Ich vermute, es liegt daran, dass ich in das Interview (und den dazugehörigen Blogeintrag) ganz andere Dinge hineinlese, als du.

    Ich lese darin, dass er Ghettos als ein Problem empfindet. Wenn eine gewisse Bevölkerungsgruppe („Ausländer“) nur unter sich ist, beginnt Abkapselung und ein „wir gegen sie“ von sowohl den Einwohnern als auch denjenigen, die dorthin blicken.

    Ich denke, das ist nachvollziehbar, und auch wenn ich keine Studien dazu kenne kann man das wohl als gegeben nehmen.

    Im Falle von Österreichern klar ersichtlicher nichtösterreichischer Herkunft (was heutzutage eigentlich unter dem Begriff Ausländer läuft) gibt es diese Gefahr. Das merke ich immer wieder im Gespräch mit Wienern, und ich unterhalte mich nicht mit den dumpf grölenden „Ausländer raus“-Idioten.

    Die grüne Position der letzten Jahrzehnte, die implizit auch durch diesen Blogeintrag verteidigt wird, war die Verneinung, dass so etwas ein Problem sein könnte (Abkapselung, Subkulturen). Das ist mit ein Grund, warum die Grünen von einem großen Teil der Bevölkerung als Traummännlein verschrien sind.

    Ich habe das Gefühl, dieser Blogpost verstärkt Pilz‘ Position eher. Wenn hier geschrieben wird, dass es zwei Gesellschaftsmodelle gibt (einmal das Sarrazinsche/ÖVPsche/FPÖsche, dass man gefälligst in seiner gesellschaftlichen Schicht zu bleiben hat und einmal das der Aufstiegschancen, das ich durchaus bei den Grünen zu entdecken glaube), so unterstützt Ghettobildung eher das erste Modell.

    Bleibt eine Subkultur (z.B. Österreicher ostanatolischer Herkunft) nur unter sich, so wird der Sohn/die Tochter eher beim Bekannten eine Anstellung bekommen als beim Unternehmer, der diese Subkultur nur aus der Kronenzeitung kennt. Auch mit der Bildung verhält es sich so – die Bildung in Österreich ist stark vom Elternhaus geprägt. Kommt es zu Subkulturen, die in gewissen Bildungsschichten verankert sind (auch das geschieht gerade in den westlichen Städten), so ist es recht unwahrscheinlich dass jemand da ausbricht.

    All das sind, so finde ich, wichtige Punkte, die nicht den Rechten und ihren wahnwitzigen Ideen über Volksgesundheit und anderen Blödsinn überlassen werden sollten. Peter Pilz legt (vor allem in seinem Blogpost), so denke ich, einen guten Grundstein für eine grüne Position (Wobei ich glaube, schon vor einem oder zwei Jahren ähnliche Töne bei Christoph Chorherr gelesen zu haben).

    Dieser grünen Position fügt dieser Blogpost leider eher Schaden zu, und das auch noch mit einer Methode, die ich bei den Rechten allzu oft entdecke:
    1) ausweichen auf ein ganz anderes Thema (Armutsverteilung, welches zudem noch unabhängig von Nationalität diskutiert werden sollte)
    2) Angriff auf den Verfasser selbst (es liest sich so, als wolle Pilz den Posten des Innenministers und sei bereit, alles dafür zu tun, was seine Meinung disqualifiziert)

    Ja, ich glaube sofort, dass das nicht deine Intention als Schreibers war, diese Methode zu verwenden, allerdings wurde sie verwendet.

  2. Wie rasch es mit den grünen Idealen vorbei ist, wenn die Grünpartei an der Regierungsmacht beteiligt wird, zeigt das Schicksal des Heizkostenzuschusses in Wien:

    Er wird halbiert und der ohnehin schon restriktive Zugang wird noch weiter beschnitten, das Antragsformular gibt es erstmals nicht mehr öffentlich zum Download!

    Unterstützt daher bitte die Protestaktion der AKTIVEN ARBEITSLOSEN! Weiters bitte wir alle vom Heizkostenzuschuss ausgeschlossenen das Antragsformular auf unserer Homepage runter zu laden und dennoch einen Antrag stellen und sich bei uns für weitere Aktionen zu melden.

    http://www.aktive-arbeitslose.at/mindestsicherung/wien/heizkostenzuschuss_2010-2011.html

    Der Wegfall der Grünen als (potentielle) Opposition führt auch sonst zur Verstärkung der Repression:

    Das AMS Wien verstärkt den Druck auf Langzeitsarbeitslose und will nun sogar Streetworker auf Arbeitslose hetzen.

    Die Videoüberwachung im Gemeindebau und das zentralisierte Waschküchenüberwachungsprogramm „natürlich sicher“ wird ebenfalls massiv ausgebaut.

    Willkommen im rot-grünen Überwachungsstaat!

    Waren wir naiv, als wir in die Au marschiert sind und noch an die Grünbewegung geglaubt haben !!!

  3. Dein Text ist eine sehr eigenartige Deutung des
    Pilz-Interviews, unterfüttert mit Unterstellungen. Ich habe den
    Eindruck, Du spielst zum x.ten Mal Deine eigene Schallplatte ab,
    diesmal eben mit Pilz als Aufhänger. Eine tatsächliche
    Auseinandersetzung mit dem was Pilz tatsächlich gesagt hat findet
    aber nicht statt.

  4. das heißt die einzige beschränkung für den gemeindebau ist aktuell ein 2-jähriger hauptwohnsitz in wien bzw. für nicht-eu-bürger ein 5-jähriger legaler aufenthalt in österreich?

  5. Lieber Tom!
    Du triffst den Kern. EU-BürgerInnen sind InländerInnen gleichgestellt, Drittstaatsangehörige nach fünf Jahren – nach EU-Recht. Es gibt keine Quote und es wird auch keine wirksame Quote geben. Es sei den, wir treten aus der EU aus.
    Pilz gehts um das Signal nach rechts.
    Lg, Philipp

  6. bevor ich viel dazu sage, eine frage. ich bin da kein experte. was bedeutet „den gemeindebau öffnen“? wenn in seinem gemeindebau bereits 30% ausländer sind, sind die doch bereits geöffnet, oder? gibts da aktuell staatsbürgerquoten oder wie?

  7. Ich denke nicht, dass der Pilz völlig unrecht hat. Es darf
    nicht darum gehen entweder die Ausländer zu verteilen oder den
    Wohlstand zu verteilen. Es muss vielmehr beides gemacht werden. Den
    Ausländeranteil in einer Wohnanlage zu beschränken und gleichzeitig
    den Studentenanteil zu erhöhen verbessert die Integration.
    Gleichzeitig muss sicher gestellt sein, dass genügend
    Gemeindebauwohnungen zur Verfügung stehen, damit Ausländer eben
    nicht in überteuerte Substandardwohnungen ziehen müssen. Nur durch
    die Kombination aus beidem, Integration und leistbare Wohnungen,
    bekommen die Menschen die Möglichkeit ihren Anteil am Wohlstand zu
    erwirtschaften.

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