Framing: Zwei Hinweise

Hier zwei Hinweise auf Fundstücke zum Thema Framing, über die ich kürzlich gestolpert bin. Da ich schon mehrfach nach den Links gefragt wurde, bitte sehr!

Don't think of an elephant! Bild: pixbay free stock photo

Zum einen fragt der Verhaltensökonom Dan Arialey in diesem 17-minütigen Video, ob wir eigentlich unsere Entscheidungen tatsächlich selbst kontrollieren. Seine These mit Verweis auf optische Täuschungen: Wenn wir uns nicht mal auf den Sehsinn verlassen können, wie dann aufs Denken?

Um seine Befürchtung zu untermauern, illustriert er sie mit einigen Beispielen. Dabei wird klar: Besonders rational geht’s in unseren Köpfen nicht immer zu. Klarerweise hängt eine Entscheidung von den vorhandenen Optionen ab.

Wer die Optionen kontrolliert, kontrolliert die Entscheidung. Doch manchmal kann zusätzliche Konkurrenz die Wahlwahrscheinlichkeit einer Option erhöhen.  Oder haben Sie eine bessere Erklärung, warum sich manche mit einem schiachen Double von sich selbst umgeben?

Lakoff über konservative und progressive Denkstrukturen.

Der zweite Hinweis gilt einem Exzerpt, das der (Kognitiv-) Linguist George Lakoff vom ersten Kapitel seines Klassikers „Don’t think of an elephant“ angefertigt hat. Freilich kann man auch gleich um 7 Euro die Taschenbuch-Ausgabe auf Amazon bestellen, aber der kurze Text macht schon mal richtig Gusto.

Lakoff beschäftigt sich darin mit Denkstrukturen von Liberalen und Konservativen. Seine These: Republikaner_innen und Demokrat_innen unterscheiden sich in ihrem Denken vor allem aufgrund unterschiedlicher Familienbilder.

Auf der einen Seite der strenge Vater, der die Kinder durch Strafen auf den richtigen Weg bringen muss. Auf der anderen Seite die fürsorglichen Eltern, welche die Bedingungen schaffen wollen, damit ihre Kinder sich bestmöglich entwickeln können.

Politisches Framing

Eingangs beschreibt Lakoff in dem Text, wie Frames funktionieren und wie sie in der politischen Auseinandersetzung eingesetzt werden. Bei der Verwendung von Begriffen nimmt man unwillkürlich auf eine gedankliche Landschaft Bezug. Diese umfasst eine Reihe von unausgesprochenen Annahmen über Rollenverteilung, Probleme und Lösungen, die zuvor im Diskurs um den Begriff herum gebaut wurden: „Their language picks out a frame. And it won’t be yours.“

Der Satz „Nein, Juden sind keine Schmarotzer, die den deutschen Volkskörper schädigen“ macht klar, dass manche Begriffe auch in noch so guter Absicht besser nicht verwendet werden, weil das dahinterliegende Gedankenkonzept implizit akzeptiert wird.

Ist der Integrationsbegriff noch zu retten?

Jüngst beschäftigte uns erneut eine Auseinandersetzung über die Integrationsdebatte, in der ich mich schon 2007 klar positioniert habe: soll der Begriff Integration von emanzipativen Kräften überhaupt noch verwendet werden, oder wurde er längst in einer Weise umgedeutet, die ihn für den Kampf um ein besseres Zusammenleben wertlos macht? Darf man solche Begriffe „kampflos aufgeben“, wie es der Ausschluss-Basta-Initiative zum Vorwurf gemacht wurde?

Lakoff’s Beschreibung des politischen Framings hilft, einen nüchternen Blick auf die Frage zu werfen. Wenn der Begriff von den Rechten wirksam geframed wurde – also der Mainstream unter Integration nicht mehr die Herstellung von Gleichberechtigung und Chancengleichheit, sondern Anpassung von ZuwandererInnen versteht – soll dann versucht werden, den Begriff wieder umzudeuten oder soll dann besser mit anderen Begriffen operiert werden?

Es ist eine Frage der Ressourcen. Wie kriegt man’s billiger? Welcher Kraftanstrengung bedarf es, den Begriff zurück zu erobern und Medien, Parteien und den Mainstream wie in den 70ern und 80ern mit einem emanzipativen Integrationskonzept zu dominieren? Wie aufwändig ist es im Gegenzug, neue Konzepte zu kreieren und zu etablieren?

Zehn Jahre habe ich bei SOS Mitmensch das emanzipatorische Integrationskonzept verteidigt, und viele andere taten es auch – es hat nicht gereicht. Wenn ich vergleiche, wie leicht es war, innerhalb von zwei Jahren den Bleiberechts-Diskurs aufzubauen, dann ist für mich die Frage klar entschieden.

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